Trumps Wahlsieg und seine Folgen für die Weltpolitik

Trumps Wahlsieg und seine Folgen für die Weltpolitik

[Prof. Alexander Rahr] Im letzten Spiegel steht ein unglaublicher Satz: Seit dem Wahlsieg Donald Trumps gilt ein gutes Verhältnis zwischen Russland und Amerika plötzlich als mögliche Bedrohung.

Zum ersten Mal in der Geschichte hat Europa Angst vor einer Verständigung zwischen Washington und Moskau. Klingt das nicht völlig absurd? Und es ist dennoch wahr.

Die schockierende Aussage ist in Wirklichkeit dafür gedacht, Europäer, vor allem Deutsche, von der Chance eines neuen Reset zwischen den beiden Erzrivalen aus dem Kalten Krieg zu überzeugen. Anders als sein Vorgänger Barack Obama, will Trump Vladimir Putin mit dem nötigen Respekt begegnen – im Gegenzug eine Entmilitarisierung der russischen Außenpolitik in der Ukraine und Syrien erwarten.

Der Leitartikel appelliert an die rationale Vernunft aller und wirkt, angesichts der stereotypen Berichterstattung anderer Qualitätsmedien in Deutschland erfrischend.

Doch Angela Merkel, die CDU, die deutschen Eliten wollen derzeit etwas anderes: die Führung der liberalen westlichen Welt übernehmen – natürlich nicht militärisch oder gar wirtschaftlich, sondern moralisch. Zusammen mit der Brüsseler EU-Bürokratie will man sich dem Populismus Trumps und dem konservativen Putin-Gegenmodell für Europa entgegenstemmen.

Natürlich würden sich Deutschland und die auseinanderdriftende EU mit einer solchen Mammutaufgabe völlig übernehmen. Das schreibt auch der Spiegel.

Merkel ist falsch beraten, in einem historischen Moment wie diesem, wo es um die Konturen der künftigen multipolaren Weltordnung geht (die unipolare, vom Westen dominierte Weltordnung, ist soeben zu Ende gegangen), auf die traditionelle Mittlerrolle zwischen Russland und dem Westen zu verzichten.

Fatal wäre es, wenn sich die Bundeskanzlerin zur Anführerin eines Blocks russlandkritischer und antirussischer EU-Länder aufschwingen würde. Letztendlich würde sie die Einheit Europas aufs Spiel setzen, da sich mehr und mehr EU-Staaten, zusammen mit den USA, für eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland aussprechen.

Merkel ist durchaus in der Lage, eine außenpolitische Kehrtwende hinzulegen – wie innenpolitisch in der Flüchtlingspolitik auf dem letzten CDU Parteitag. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie das tun wird – wenn die USA in der westlichen Russlandpolitik einen konstruktiveren Ton setzen würden.

Schwieriger wird die Kehrtwende für die mächtigen transatlantischen Zirkel, Organisationen, Stiftungen zu vollziehen sein, die sich seit 25 Jahren für Demokratie- und Wertetransfer in alle Welt einsetzen. Und natürlich für die sie unterstützenden Mainstream-Medien.

Aber anders als noch vor einigen Jahren, werden politische und gesellschaftliche Prozesse heute von persönlichen Egoismen und Narzissmus bestimmt.
Überzeugungen und Ideen sind weniger wichtig als die eigene Profilierungssucht. Deshalb werden viele bekannte  Persönlichkeiten in Politik und Medien im nächsten Jahr umschwenken, wenn sie sehen, dass sie ihre Karrieren und ihre eigene Bedeutung maximieren können, wenn sie einer anderen politischen Linie folgen. Sie wollen doch schließlich, dass die „neuen Entscheidungsträger“ zu ihren Konferenzen kommen und das obwohl ein führender russischer Politikwissenschaftler sagt: im gesamten Westen ist ein politischer Umschwung zu beobachten. Man muss nur auf die baldigen personellen Veränderungen in der G7 – der inoffiziellen Weltregierung – blicken.

Nur Deutschland und seine Eliten bleiben ihren liberalen Prinzipien, fast fundamentalistisch, treu – wenn nötig, auch gegen den Rest Europas.

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