Der Streit über die deutsche Russland-Politik aus russischer SichtFedosov, Prof. Dr. Pjotr Anatolewitsch

Der Streit über die deutsche Russland-Politik aus russischer Sicht

Außenminister Gabriel betonte ausdrücklich, dass es bei seinem Statement zur Russlandpolitik nicht um die Position der Bundesregierung, sondern um seine persönliche Meinung geht. Die Vorwürfe, er bräche damit das Koalitionsabkommen, entbehren daher jeder Grundlage.

Geht man dem Wesen der Sache nach, muss man leider feststellen, dass das Minsker Abkommen grundsätzlich nicht „zu 100 Prozent“ erfüllt werden kann, selbst wenn Putin sein Bestes tun würde, um die Regierenden in Donezk und Lugansk dazu zu veranlassen. Und zwar weil die ukrainische Regierung erklärtermaßen nicht vorhat, die entscheidenden Punkte dieses Abkommens zu erfüllen.

Die Auflockerung der Sanktionen mit einer 100prozentigen Erfüllung zu verbinden heißt deshalb, die Sanktionen zu verewigen. Sanktionen schaden der russischen Wirtschaft. Aber sie können weder die russische Wirtschaft, noch das Putinregime zerstören.

Sanktionen schaden auch der deutschen Wirtschaft. Die deutschen Unternehmer sprechen immer lauter darüber. Eine Verewigung der Sanktionen würde auf Dauer dazu führen, dass die deutsche Wirtschaft den russischen Markt an ihre Konkurrenten verliert. Die Sanktionen werden dann zur Selbstkasteiung.

Heute haben die CDU/CSU und die SPD nur mit viel Mühe und Not vermocht, eine Regierungskoalition zustande zu bringen – noch ist sie nicht sicher. Selbstkasteiung durch Sanktionen wird eine neue Regierung bestimmt nicht stärken. Man wäre gut beraten, wenn man die Energie, mit der man unbeugsame Sanktionen predigt, dazu benutzen würde, Kiew dazu zu veranlassen, wenn nicht dem Buchstaben, dann doch dem Geist des Minsk-Abkommens zu folgen.

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